Cyril Göldi: Warum ich mich über die Swiss ärgere

Die Corona-Krise hat unsere Wirtschaft böse durchgeschüttelt. Viele KMU sind in Schieflage geraten und müssen jetzt Mitarbeiter entlassen. Börsenkotierte Unternehmen müssen ihren Aktionären gefallen und jederzeit Gewinne und Dividenden erwirtschaften. Sie tun alles dafür, nehmen sofort Staatshilfe an, um diese Ziele zu er reichen. Wir Gewerbler denken und arbeiten ganz anders und der Staat vergisst uns gerne mal oder nimmt uns zu wenig ernst.
Wenn es um die Schweiz geht, ist auf das Gewerbe Verlass; davon bin ich mehr denn je überzeugt. Wir handeln vorsichtig. Wir sorgen vor. Wir rufen nicht gleich nach Vater Staat (oder muss man heute Mutter Staat sagen wegen der Gender-Gerechtigkeit?), sondern wir packen einfach selber an.

Von meiner grössten Ent täuschung muss und will ich schreiben
Es geht um die Swiss. Als unsere Swissair unterging, wollte der Bundesrat keine zwei Milliarden Franken locker machen, um sie zu retten. Er verschenkte sie für wenige Millionen Franken an die Deutsche Lufthansa in Frankfurt.
Jetzt aber hat er, gleichsam über Nacht, der Swiss, die jetzt der reichen Deutschen Lufthansa gehört, anderthalb Milliarden als Kredit angeboten und einige hundert Millionen schon bezahlt, damit sie ja weiterfliegt ab Kloten und Genf.
In Frankfurt und Berlin brauchten sie zwei Monate, um zu beraten, ob sie in Deutschland das Geld aus der Schweiz überhaupt annehmen wollten. Reicht es?

Entlassungen für Steuergelder?
Ich vermisse die Flüge der Swiss, die wegen Corona ausgefallen sind, überhaupt nicht. Ich kenne im Süden aber viele, die froh sind, dass es still ge worden ist. Sie hoffen, es bliebe noch lange so.
Was erhalten wir von der Swiss für unser Steuergeld? Zuerst einmal will sie tausende von Mitarbeitern entlassen. Einfach so. Dabei hiess es aus Bern, man gebe den Kredit, um Entlassungen zu verhindern.
Wer befiehlt in Kloten? Der Bundesrat oder die Manager der Swiss, der Schweizer Tochter der Deutschen Lufthansa?
Ich erinnere mich gut daran, wie die Swiss in Deutschland Flüge in die weite Welt über Zürich und Genf zu Dumpingpreisen angeboten hat. Aber nur in Deutschland, nicht für uns Schweizer innen und Schweizer.
Und die Swiss nennt sich schweizerisch. Sie tritt in der ganzen Welt gratis, denn wir erhalten dafür keine Ab geltung, unter der Schweizer Flagge auf. Kaum einer ihrer Passagiere weiss von dieser Rosstäuscherei.

Anderthalb Milliarden Franken für noch mehr Lärm
Ich denke, der Bundesrat hat vor einiger Zeit die Nutzung des Schweizer Wappens für gewerbliche Zwecke eingeschränkt. Warum nicht bei der Swiss?
Wenn die Corona-Wolke (hoffentlich) sich demnächst wieder verzogen hat, was geschieht dann? Dann wird die Swiss weiter und mehr denn je über unsere Köpfe fliegen. Lärm tötet. Feinstaub auch. Beides kommt in grossen Mengen aus diesen Flugzeugen.
Unser schöner Süden wird zerstört nicht nur von Landeanflügen, sondern bald auch von sogenannten Südstarts, also deutlich mehr Krach über unseren Köpfen und in unseren Ohren Tag und Nacht.
Haben wir dafür anderthalb Milliarden Franken bewilligt? Wir, die Steuerzahler, schicken unser sauer verdientes Geld nach Frankfurt und Berlin. Dieses Geld, der gleiche Schweizer Franken, wurde unserer wirklichen Airline, der Swissair, verweigert. Deshalb ging sie unter.

Tickets in Deutschland billiger
Und was erhalten wir dafür, teure Flugtickets, welche die Swiss den Deutschen billiger verkauft.
Lärm und Staub an allen Ecken und Enden. Der Süden ist unsere Heimat und nicht ein Abfallhaufen der internatio nalen Vielflieger, die von der Swiss über Kloten gekarrt werden.
Dazu tausende von Entlassungen in einer Zeit, wo unsere völlig überlasteten RAV sehen müssen, wo sie unsere arbeitslosen Landsleute unterbringen.
«Man spricht deutsch in den Flugzeugen der Swiss», Schwiizerdütsch gilt dort als schwer verständlich, ja exotisch.
Als Gewerbler bin ich enttäuscht, wie sich unsere kantonalen und nationalen Politiker bis hinauf zum Bundesrat für einen derartigen Kuhhandel hergeben. Früher wussten wir doch, was wir wert waren.

Ausverkauf der Schweiz
Geht jetzt der Ausverkauf der Schweiz weiter und wird auch noch mit unserem eigenen Geld finanziert?
Unseren Tourismus im eigenen Land haben wir, dank Corona, vielerorts gerettet. Viele Unternehmen haben auf Reisen ins Ausland verzichtet, weil ihre Mitarbeiter aufgrund der Digitali sierung und der Möglichkeit von Video konferenzen vieles von zu Hause aus abwickeln konnten. Es ist aber eine Illusion zu glauben, dass wir auf private Reisen dauerhaft verzichten werden.
Cyrill Göldi, Dienstleisterobmann des Gewerbevereins Küsnacht

Küsnachter Dorfpost (DF)