Der Himmel über Kloten wird von Deutschland beherrscht

Mit einem dritten Platz als beliebtester Flughafen der Welt schneidet Kloten in den globalen Rankings hervorragend ab. Die um die Welt Reisenden und in Kloten meist Umsteigenden erfahren einen grossartigen Service und rasche Verbindungen. Kein Wunder, dass Swiss-Chef Thomas Klühr, ein lang gedienter Spitzenmanager der Deutschen Lufthansa, von Zürcher und Berner Politikern wünscht: „Ihr solltet die Bedeutung des Flughafens noch mehr schätzen und die Tore zu mehr Wachstum in Kloten öffnen.“
Dem steht die wachsende Front von über 300‘000 Menschen gegenüber, die im Einzugsgebiet des Zürcher Landesflughafens wohnen. Diese wünschen sich weniger und leisere An- und Abflüge, ganz besonders im Süden Zürichs, wo die Kinder morgens um 6.02 aus dem Schlaf fahren, wenn die ersten Grossraumflugzeuge aus Asien und Afrika zur Landung ansetzen.
Die Landungen aus dem Süden sind unzulässig, denn sie sind vor 13 Jahren im Notrecht eingeführt worden. Die jetzt vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) geplanten Südstarts mit jährlich über 13‘000 Maschinen bedeuten Lärm-, Umwelt- und Gesundheitsterror nicht nur für die Stadt Zürich, sondern auch für über sechzig Gemeinden und Städte im Nahfeld Zürichs.
Lufthansa-Manager Thomas Klühr gibt zu: „Emotional verstehe ich die Angst der Schweizer, von Deutschen dominiert zu werden.“ Das hindert den schon mehrfach gebüssten Schnellfahrer auf Schweizer Strassen nicht daran „mehr Kapazitäten in Spitzenzeiten“ zu verlangen. Er gibt zu: „Natürlich gibt es Lärmbetroffene, aber es handelt sich nicht um die Mehrheit der Menschen.“ In Glattbrugg, Dübendorf, Gockhausen, Zollikon, Zumikon und vielen Gemeinden des Südens am Zürichsee wird man ihm nicht zustimmen. Der Lärm seiner immer noch ungenügend ausgelasteten Maschinen zerstört Teile des Limmattals, des Zürcher Ostens wie des Nordens.
Nach einem Jahr seiner Tätigkeit als CEO der Swiss gibt Klühr auch zu: „Land und Leute kennen zu lernen, kommt sicher zu kurz.“ Die Organisationen der Fluglärmgegner überrascht dies nicht, denn Einladungen an die Orte des Lärmgeschehens hat er bisher strikt vermieden. Klühr möchte die Zürcher Lärmzone auch gar nicht weiter kennen lernen, sondern plant Besuchsreisen in den Tessin und nach Bern.

Bei der Beschaffung der neuen Swiss-Maschinen steht die Wirtschaftlichkeit im Vordergrund. Die Flottenerneuerung mit der Boeing 777 bringt nach Aussage der Swiss nicht weniger Lärm als bisher. Die zögerlich und verspätet im Ausbau befindliche Flotte der Bombardier CS-Serie ist mittelfristig keine echte Entlastung.
Wer glaubt, nur die Lufthansa-Tochter Swiss sei auf Kosten der Schweizer Bevölkerung auf Expansion, irrt. Die Lufthansa-Tochter Edelweiss Air, einst von Kuoni gegründet, will von Kloten aus ebenfalls expandieren. CEO Bernd Bauer, ebenfalls ein Deutscher, fliegt 21 Destinationen in 26 Ländern an. 80% der im letzten Jahr 1,5 Millionen Edelweiss-Passagiere buchen in der Schweiz und fliegen ab Zürich. Die Geschäftszahlen der Edelweiss Air sind nur deshalb nicht bekannt, weil sie bei der Swiss verbucht werden.
Wer wirklich über Kloten in die Welt fliegt oder nach Hause zurückkehrt, bleibt streng geheim. Die Schweizer Nutzer der Lufthansa-Töchter sind im Begriff, zu einer Minderheit zu werden. Ausländer, die in der Schweiz arbeiten, seien es Serben, Kosovaren, Deutsche oder Portugiesen, fliegen häufiger ex Kloten als Schweizer, die es meist bei einer Ferienreise ins Ausland belassen.
Ganz geheim ist es, wie viele Badener, Schwaben und Bayern Kloten als ihren Heimatflughafen benutzen. Sicher sind es viele baden-württembergische Politiker, die frühmorgens über die Schweiz nach Berlin fliegen und abends den gleichen Weg zurück nehmen. Sicher sind es viele deutsche Touristen, die Swiss-Flüge günstig in Deutschland buchen, um dann mit deutschen Taxis, die günstiger als Schweizer Taxis sind, nach Kloten zu fahren, die dann auch für die Rückkehr ins badische „Ländle“ bereitstehen. Was hat die Schweiz davon?
Sicher spielt die süddeutsche Exportwirtschaft eine grosse Rolle für den Luftverkehr über der Grossregion Zürich. Die Schweiz ist für Baden-Württemberg das drittgrösste Exportland nach den USA und Frankreich. Viele dieser deutschen Exporte fliegen ab Kloten wieder hinaus in alle Welt. Der Schweizer Steuerzahler subventioniert mit seinem Flughafen den deutschen Exportweltmeister.
Bei den Einfuhren nach Baden-Württemberg liegt die Schweiz sogar auf Platz 1. Dies bedeutet nichts anderes als eine äusserst enge wirtschaftliche Beziehung zwischen dem erfolgreichen süddeutschen Bundesland im Norden der Schweiz mit der Eidgenossenschaft. Der Deutsche Lufthansa-Konzern bezeichnet deshalb zuhause in Frankfurt Kloten gerne als „unseren fünften Heimatflughafen“.Der Himmel über Kloten wird von Deutschland beherrscht. Der Bundesrat hat de facto vor den deutschen Forderungen kapituliert, denn wir haben weder eine erkennbare Aussenpolitik noch eine damit koordinierte Wirtschaftspolitik. Über hundert der grössten Schweizer Konzerne, dazu tausende von Dienstleistern, die Schweizer Universitäten wie globalen Organisationen, sind unter ausländischer Kontrolle. Kloten, einst von Schweizern für Schweizer gebaut, ist zu einer „global platform“ geworden, einem Verschiebebahnhof der Globalisierung.
„Die Swiss ist klar positioniert als Airline der Schweiz“ sagt Thomas Klühr, CEO der deutschen Fluggesellschaft, die unter dem Schweizer Kreuz fliegen darf. Sie macht die höchsten Gewinne im Deutschen Lufthansa-Konzern. Die Menschen rund um Kloten zahlen die Rechnung.